Samstag, 24. Januar 2009
 
G8: Demoverbote, Diskreditierungen, Festnahmen PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Bernhard Redl   
Freitag, 1. Juni 2007

Noch hat der G8 gar nicht begonnen. Noch hat nicht einmal die internationale Demo am Samstag stattgefunden. Aber schon was sich im Vorfeld abspielt, kann als bürgerrechtlicher Skandal angesehen werden.


Mindestens 86 Festnahmen in Hamburg

Einen Vorgeschmack auf die Proteste in Mecklenburg-Vorpommern sowie auf das zu erwartende Verhalten der Polizei lieferten die Demos Anfang der Woche in Hamburg gegen den dort stattfindenden ASEM (Asien-Europa-Ministertreffen). Die Proteste richteten sich dabei weniger gegen den ASEM an sich, sondern in seiner Funktion als Vorbereitungsveranstaltung zum Treffen der "Herren der Welt" der G8.

Mindestens 5,000 Menschen versammelten sich am Pfingstmontag (28.Mai), nachdem es bereits in den Tagen zuvor zu Protesten gekommen war. Das Polizeiaufgebot kam mit 3000 Einsatzkräften zahlenmäßig fast gleich dem Protest. Die Demo wurde mehrmals gestoppt und von Polizeiseite provoziert. Deshalb entschieden sich die OrganisatorInnen die Demo zu beenden und die Menschen zerstreuten sich. Ein grosser Teil der Demo wurde jedoch eingekesselt, andere bis ins Schanzenviertel gejagt. Wassserwerfer, Pfefferspray und Knüppel wurden eingesetzt. Es gab mindestens 86 Festnahmen. Am Dienstag (29.Mai) abend fand eine Demo gegen die Massenfestnahmen statt.

Gegen die Strategie der Polizei protestierten auch Abgeordnete der Oppositionsfraktionen Grüne und Linkspartei. Heike Hänsel, entwicklungspolitische Sprecherin der Bundestags-Fraktion "Die Linke" meinte, die Auflagen der Polizei und das massive Auftreten von 3000 Einsatzkräften hätten die Demonstrationsfreiheit weiter eingeschränkt. Es sei nicht akzeptabel, dass Demonstrantinnen und Demonstranten fernab des ASEM-Treffens "in einem Wanderkessel der Polizei durch eine menschenleere Innenstadt" laufen müssen. "Demonstrationen müssen hör- und sichtbar sein", so Hänsel.

Demo noch weiter weg verlagert

G8-Kritiker müssen dem Ostseebad Heiligendamm beim Gipfeltreffen noch ferner fernbleiben - und zwar in einem Umkreis von 5 bis 10 km rund um den sowieso schon sehr großzügig gezogenen 12 km langen (und rund 12 Millionen Euro teuren) Zaun rund um den Badeort. Das teilte das Oberverwaltungsgericht in Greifswald mit. Damit hob das Gericht eine anders lautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 25.Mai teilweise auf. Die Klage gegen das von der Polizei verhängte Demonstrationsverbot hatte ein Bündnis von Gegnern der Konferenz eingebracht, das für den 7. Juni einen Sternmarsch nach Heiligendamm geplant hatte. Die jetzige Entscheidung ist nicht mehr anfechtbar.

Demonstrationen auf der Bundesstraße 105 sind jedoch laut der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts erlaubt. Diese Bundesstraße stellt in etwa die Außengrenze der Demoverbotszone dar.

"Keine hochwertige Ware im Schaufenster"

Die Polizei versucht alles, um die Demonstranten zu kriminalisieren, zu diskriminieren und -- zu diskreditieren. So ließ der Einsatzleiter der G8-Soko "Kavala", Knut Abramowski ein Flugblatt in Rostock verteilen, in dem er die Rostocker Geschäftsleute vor der Großdemonstration gegen den G-8-Gipfel am morgigen Samstag warnte. Darin heißt es: "Sichern Sie Ihre Warenauslagen, Werbetafeln, Möbel und Müllcontainer! Verzichten Sie auf die Präsentation hochwertiger Ware im Schaufenster!"

Fahndung nach Fahraddieben

Da paßt ins Bild, daß Menschen mit Fahrrädern bei der Polizei besonders originelle Ideen hervorrufen. War schon zu Anfang des Monats eine ganze Fahradkarawane (etwa 100 Personen) in Holland festgenommen worden wegen Nichtbeachtung der Benützungspflicht des Radwegs, so wurden G8-Kritiker wegen ihrer Fahräder jetzt des Diebstahls verdächtigt: Am 29. Mai startete ein LKW-Konvoi aus dem Wendland richtung Wichmannsdorf. Der Konvoi gehört zur Organisations-Crew des vierten G8-Kritiker Camps. Ihr Ziel war es, bei der Errichtung des selbigen zu helfen und benötigtes Material dorthin zu schaffen.

So bestand die Ladung u.a. aus dringend benötigten Zelten, großen Strom-Generatoren und auch Fahrrädern. Der Konvoi wurde von der Polizei gestoppt. Man verlangte von den Fahrzeugführern, dass sie ihre Fahrzeuge auf eine Nebenstraße abstellen, um diese dann dort durchsuchen zu lassen.

Da hierfür keine rechtliche Grundlage gegeben war, weigerte man sich dieser Aufforderung folge zu Leisten und kontaktierte einen Rechtsanwalt. In der Folge erklärte die Polizei, dass sie auf der Suche nach gestohlenen Fahrrädern wären und vermutet würde, dass der Konvoi versuche, solche in das Gebiet von Heiligendamm zu bringen. Nach 5 Stunden wird die Aktion ohne echten Fahndungserfolg beendet -- angeblich war eines der Fahhräder als gestohlen gemeldet -- geklärt konnte das aber nicht wirklich werden, da sämtliche Fahrräder aus einem Spendenaufruf stammten. In dieser Zeit war die Bundesstraße vollständig gesperrt. Der Konvoi selbst konnte erst nach Einbruch der Nacht das Camp erreichen, wo die Hilfsgüter dringend erwartet wurden. Bei der Aktion kamen mindestens 140 Beamte zum Einsatz.

Quellen:
http://de.indymedia.org/2007/05/179614.shtml
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,486020,00.html
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,485918,00.html
http://www.graswurzel.tv/g8/ (mit 12min.-Video von der "Fahrraddieb-Fahndung")
http://de.indymedia.org/2007/05/179208.shtml
http://linkszeitung.de/index.php?=116004&Itemid=42

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